Jemgum braucht mehr Krippenplätze – aber keine Krippe für zwei Mio. Euro

Schon im Januar 2018 hat Jemgum 21 einen Antrag zum Ausbau der Plätze für die Frühkindliche Betreuung und Bildung gestellt. Inzwischen sind alle dafür. Und nach komplizierter Suche wurde im Herbst 2020 auch ein möglicher Standort gefunden: Das neue Gebäude für eine Kinderkrippe soll in am Toten Weg in Jemgum gebaut werden (in einem Seitenweg, dem Amelborgster Weg).

Am Toten Weg in Jemgum soll eine Krippe für zwei Millionen Euro gebaut werden.

Die im Dezember 2020 vorgelegte Planung aber lehnen wir ab. Während es 2018 seitens der SPD hieß, dass es keinen Bedarf gäbe („keine Warteliste!“), schießen SPD/FDP nun über das Ziel hinaus: Jetzt soll ein Bau für 60 Plätze entstehen – für über zwei Millionen Euro. Der Landkreis Leer liefert die Zahlen für Krippenplätze. Demnach werden cirka 45 Plätze benötigt und damit Räume für drei Krippengruppen. Ein kleinerer Bau wäre deutlich günstiger. Das gesparte Geld sollte lieber an anderer Stelle für Kinder und Jugendliche eingesetzt werden: stärkere Fördermaßnahmen in den Grundschulen fehlen, ebenso Geld für das Jugendzentrum oder die vielerorts sehr engagierte Kinder- und Jugendarbeit der Vereine.

Auch kann der Plan für eine zentrale Krippe nicht überzeugen: Wäre es für Eltern und Kinder nicht viel besser, wenn in Jemgum als auch in Midlum Krippe und Kindergarten kombiniert wären? Viele Familien haben ein Kind in der Krippe, eines im Kindergarten: Sie müssten täglich zwei Orte anfahren. Auch für die Kids wäre es viel schöner, wenn sie sowohl die Krippe als auch Kindergarten an einem Ort hätten. Aber ein Gesamtkonzept fehlt: sowohl finanziell wie pädagogisch.

Vorgeschichte

In der Gemeinde Jemgum fehlen Krippenplätze. Das ist seit langem bekannt. Schon Anfang 2018 legten wir von Jemgum 21 deshalb einen Antrag vor, neben der Gruppe in Midlum noch zwei zusätzliche Krippengruppen in Jemgum zu schaffen.

Die SPD zögerte zunächst und zweifelte den Bedarf an („Es gibt keine Warteliste!“). Als die Warteliste 2019 zu lang wurde, beschloss der Rat immerhin, das Schützenhaus umzubauen und dort eine Gruppe einzurichten. Doch das reicht immer noch nicht. Dann schlug der Bürgermeister vor, einen Neubau eines Kindergartenzentrums durch das Deutsche Rote Kreuz zu realisieren. Der SPD Ortsverein Jemgum sprach sich dafür aus. Wir von Jemgum 21 protestierten aber vehement. Unseres Erachtens sollte der inzwischen 50jährige Kindergartenverein weiterhin Betreiber der Einrichtungen in der Gemeinde bleiben.

Dies führte zu neuen Gesprächen zwischen Verwaltung, Mehrheitsgruppe und Kindergartenverein. Im Februar 2020 wurde dann plötzlich eine ganz neue Lösung vorgeschlagen: der Bau einer neuen Kinderkrippe mit vier Gruppen am Sportplatz in Jemgum und die Auflösung der Krippengruppe in Midlum.

Der Vorschlag von SPD/FDP, der am 20.02.2020 mit 3:2 im Kindergarten-Ausschuss befürwortet wurde, fand unsere Zustimmung nicht.

1. Ein Neubau in der vorgeschlagenen Größenordnung ist sicherlich attraktiv, aber  teuer (erste Schätzungen: 800.000 – 900.000 Euro, d.h. neue Schulden). Eine Lösung für den tatsächlichen Bedarf wäre wesentlich günstiger zu haben, wenn zum Beispiel die Krippengruppen in Midlum und im Schützenhaus bestehen blieben und dort ein Anbau für eine weitere Gruppe realisiert würde. Am Ende zahlen die Eltern den Neubau durch höhere Gebühren oder höhere Steuern. Unseres Erachtens sollte es zunächst ein Gesamtkonzept für die künftige Kinderbetreuung geben, bevor Baumaßnahmen beschlossen werden.

2. Ein Drittel der Kinder der Gemeinde im Alter von 0 bis 3 Jahren leben in den Ortschaften zwischen Midlum und Pogum. Es ist nicht familienfreundlich, dass man den jungen Eltern aus diesen Ortschaften zumuten will, zum Beispiel von Ditzum nach Jemgum zu fahren, um ihre Kids dort in die Betreuung zu geben.

3. Der Standort am Sportplatz ist für den Neubau einer Krippe für vier Gruppen ungeeignet. Vier Gruppen, das bedeutet: 60 Kinder und über 10 Mitarbeitende – und damit verbunden ein erheblicher tagtäglicher Verkehr für die Anwohner in der Straße „Am Sportzentrum“. Die haben ohnehin schon sehr viel Verkehr vor der Haustür (durch Sportbetrieb, Feste im Sportlerheim, Besucher Hundeplatz usw.). Eine wesentliche Ausweitung dieses Verkehrs ist für die Anwohner nicht akzeptabel. Der Protest der Anwohner wurde dann auch aufgenommen (siehe oben).

Gesamtkonzept nötig

Eine wichtige und noch offene Frage ist es, wie groß eine neue Kindertagesstätte sein muss. Die Fraktion Jemgum 21 schlägt vor, für die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das zum Beispiel folgende  Elemente beinhalten könnte:

  1. Plätze in einer neuen Kinderkrippe in Jemgum (vor allem für Kinder aus den Ortschaften Jemgum, Holtgaste/Soltborg, Böhmerwold/Marienchor) – eventuell auch in Kombination mit Räumlichkeiten für ein oder zwei Kindergartengruppen, damit Geschwisterkinder an einem Ort versorgt werden können,

  2. Plätze in einer weiteren Krippengruppe oder einer alterübergreifenden Gruppe im Kindergarten Midlum (für Kinder aus Midlum und Critzum) sowie

  3. Plätze in einer neu einzurichtenden Kindertagespflege in Ditzum (für Kinder aus dem Einzugsbereich der Grundschule Ditzum).

Hier gibt’s mehr Hintergrund zur Debatte seit 2017.

 

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